Unterlassene Hilfeleistung ist kein Kavaliersdelikt, sondern als Straftatbestand in § 323c StGB (Strafgesetzbuch)
geregelt. Ursprünglich wurde die unterlassene Hilfeleistung nur als Übertretung angesehen. In der alten Fassung war dies
in § 360 Nr. 10 StGB geregelt. In dieser Form ging die Regelung auf das napoleonische Code pénal zurück.

Mit der Strafrechtsreform vom 28. Juni 1935 wurde der Straftatbestand verschärft. Diese Fassung behielt der Bundesgesetzgeber bis heute bei.

Es handelt sich bei unterlassener Hilfeleistung um ein Unterlassungsdelikt. Es geht also allein um das Unterlassen des Täters, das Nichtleisten der Hilfe. Das reicht für den Tatbestand aus. Die unterlassene Hilfeleistung liegt schon vor, wenn Täter den Entschluss mitteilt oder schlicht (nicht) handelt. Denn findet tatsächlich eine Form von Hilfeleistung statt, ist es nicht relevant, ob diese zum Erfolg führt! Täter sind von der Strafbarkeit befreit, wenn die Hilfe erfolglos war. Das unterscheidet die echten Unterlassungsdelikte (unterlassene Hilfeleistung ist ein solches) von den unechten Unterlassungsdelikten. Bei Letzteren sind die Täter nicht von der Strafbarkeit befreit, wenn der Taterfolg aus irgendeinem Grund noch abgewendet wurde.

Eine weitere Besonderheit bei unterlassener Hilfeleistung ist, dass es kein Versuchsstadium gibt. Eine "versuchte unterlassene Hilfeleistung" ist nicht möglich, denn eine Verzögerung der Hilfe reicht in der Regel aus, um die Tat zu vollenden. Ein besonderer Fall liegt vor, wenn die Hilfeleistung nicht zumutbar ist. Davon geht man aus, wenn die Hilfeleistung mit einer erheblichen eigenen Gefahr einhergehen würde oder mit der Verletzung anderer wichtiger Pflichten. "Erhebliche eigene Gefahren" liegen dann vor, wenn Leib, Leben, Freiheit oder Vermögen gefährdet sind. Kleinere Unannehmlichkeiten müssen dagegen in Kauf genommen werden. Es läuft auf eine Rechnung hinaus: Die Interessen, die gerettet werden sollen, müssen die Interessen des Helfers, die gefährdet sind, merklich überwiegen.


Wer kann eine unterlassene Hilfeleistung begehen?

Unterlassene Hilfeleistung kann im Prinzip jeder begehen, der eine zumutbare Hilfeleistung unterlässt. Zur Hilfe ist grundsätzlich verpflichtet, wer in der Lage ist, Hilfe zu leisten. Die Pflicht besteht für alle, die strafmündig sind, also ab dem 14. Geburtstag. Der Strafbarkeit entgeht man, indem man alles unternimmt, was zu einer Rettung nötig und möglich ist. Ist ein Opfer bereits verstorben, muss keine Hilfeleistung mehr erbracht werden. Leisten bereits andere Menschen Hilfe, sollte ausreichend Abstand gewahrt werden, um die Helfer nicht zu behindern. Sie sollten jedoch nachfragen, ob Sie in irgendeiner Form noch unterstützend tätig werden können.

Grundsätzlich müssen immer die Maßnahmen ergriffen werden, die dazu dienen, dem Hilfsbedürftigen zu helfen, die Situation also zu verbessern. Ist das nicht möglich, muss dafür gesorgt werden, dass sich die Situation zumindest nicht verschlechtert. Wie genau das aussieht, ist in jedem Fall individuell zu klären und hängt nicht nur von den äußeren Umständen ab. Die Fähigkeiten und Kompetenzen des Helfenden sind dabei zu berücksichtigen. Das bedeutet: Jeder Mensch kann und muss den Notruf 112 wählen und die Rettungskräfte in sinnvoller Art und Weise informieren. In der Regel reicht das aber nicht aus. Beim Unfallopfer zu bleiben und auf die Rettungskräfte zu warten, mentalen Beistand zu leisten ist ebenfalls für jeden Menschen zumutbar.

Wer falsche Hilfe leistet und eine Situation verschlimmert, begeht keine unterlassene Hilfeleistung. Denn vor dem Gesetz gibt es keine falsche Hilfe. Falsche Hilfe ist fehlende Hilfe. Wer sich bemüht und etwas tut, wird in der Regel nicht bestraft, selbst wenn sich der Zustand des Hilfsbedürftigen verschlimmert. Wichtig ist, dass man als Helfer das Beste gibt und nach bestem Wissen und Gewissen agiert. Zeitnot oder Ekel, Angst oder Unsicherheit sind keine anerkannten Hindernisse - helfen muss also auch, wer sich ekelt oder dadurch einen Termin verpasst.


Unterschied zur Garantenstellung

Die Garantenstellung ist ebenfalls ein Begriff aus dem Strafrecht. Die Garantenstellung ist bei den sogenannten unechten Unterlassungsdelikten Voraussetzung für eine Bejahung der Strafbarkeit. Es geht hier um das Bestehen von Beschützergarantien, wie sie beispielsweise bei einer bestehenden Obhutspflicht oder bei Sicherungspflichten (beispielsweise Verkehrssicherungspflichten) gegeben sind. Wie komplex die Unterscheidung zwischen der Garantenstellung und einer unterlassenen Hilfeleistung ist, mag ein Beispiel verdeutlichen:

Gegeben sei der Fall, dass ein Kind im Badesee ertrinkt. Die Eltern waren anwesend und helfen dem Kind vorsätzlich nicht. In diesem Fall wird es zu einer Bestrafung wegen Totschlags durch Unterlassen kommen. Denn hier ergibt sich aus dem Gesetz eine Garantenstellung. Konkret ist das in der Personensorge nach §§ 1626, 1631 BGB festgelegt. Ein unbeteiligter Zuschauer, der nicht zur Familie gehört und diese auch nicht kennt, schaut beim Ertrinken des Kindes tatenlos, aber mit Interesse zu. Es handelt sich um einen sogenannten Gaffer. Hier ist die Garantenstellung nicht gegeben, dieser Mensch hat keine Garantenpflicht. Aber er kann wegen unterlassener Hilfeleistung nach § 323c StGB belangt werden. Hier handelt es sich um ein echtes Unterlassungsdelikt, während bei den vorsätzlich nicht handelnden Eltern ein unechtes Unterlassungsdelikt vorliegt.

Der Fall kann sogar noch weiter ausgeführt werden. Behindert die unbeteiligte Person professionelle Helfer, ist auch eine Bestrafung nach §§ 115 III, 113 StGB möglich. Und in § 201a StGB ist festgelegt, das Gaffer, die fotografische und filmische Aufnahmen machen und dementsprechend nicht einmal untätig sind, auch noch weitere Strafen aufgrund einer "Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen" drohen. Die letzten beiden Tatbestände können zur unterlassenen Hilfeleistung dazukommen, während sich Garantenstellung und unterlassene Hilfeleistung ausschließen.


Wann genau liegt eine unterlassene Hilfeleistung vor?

Beispiele:

Hilfeleistung muss nach dem Gesetz bei sogenannten Unglücksfällen geleistet werden. Damit ist erst einmal jedes Ereignis gemeint, das plötzlich eintritt und aus dem sich eine Gefahr für Gesundheit und/oder Leben von Menschen ergibt. Auch bei Gefahren, die den Besitz betreffen, trifft das zu. Was sind nun solche Unglücksfälle? Unfälle und insbesondere Verkehrsunfälle zählen dazu, aber auch Krankheiten, die plötzlich auftreten oder sich plötzlich verschlimmern. Ganz konkrete Beispiele dafür sind Herzinfarkt oder eine Bewusstlosigkeit. Auch bei Angriffen auf Menschen und/oder deren Besitz besteht die Pflicht zur Hilfe. Überfälle und Vergewaltigungen sind Beispiele für solche Situationen. Hier ist zu beachten, dass sich niemand selbst in Gefahr begeben muss. Bei einem Unfall sind Wiederbelebungsmaßnahmen grundsätzlich zumutbar. Die Einsatzzentralen leiten per Telefon die Maßnahmen an, sodass wirklich jeder dazu in der Lage ist. Für die Situation eines bewaffneten Überfalls gilt aber, dass man sich selbst nicht gefährden sollte. Hier reicht es, die Polizei zu rufen und andere Maßnahmen zu ergreifen, die für das eigene Leben, die eigene Gesundheit und den eigenen Besitz kein erhebliches Risiko mit sich bringen.

Was an Hilfeleistung zumutbar ist, hängt ferner von der Situation, dem eigenen Beruf und anderen Umständen ab. Konkret bedeutet das im Falle eines Unfalls auf der Autobahn:

- Ein junger Mann, der alleine unterwegs ist, muss die Rettungskräfte verständigen, seinen Wagen verlassen, die Unfallstelle sichern und erste Hilfe leisten - Eine Mutter, die alleine mit zwei Kleinkindern im Auto unterwegs ist, muss die Rettungskräfte verständigen. Aufgrund der Aufsichtspflicht und Sorgepflicht gegenüber den Kindern ist nicht zumutbar, dass sie den Wagen auf die Seite fährt und verlässt, um die Unfallstelle zu sichern und Erste Hilfe zu leisten - Ein Arzt, der zufällig dazukommt, ist zu zielgerichteteren und fachlich weitergehenden Hilfen verpflichtet, weil er beruflich dazu ausgebildet ist und ganz anders helfen kann, als der junge Mann im ersten Punkt, der als Steuerfachangestellter kaum medizinisches Wissen hat


Ein weiteres Beispiel: An einem kalten Winterabend liegt in einem städtischen Wohngebiet ein Mann reglos auf dem Gehweg. Ein Passant bemerkt das, geht aber einfach nach Hause. Schließlich ist es spät am Abend und kalt - Angst und Unwohlsein aufgrund der späten Stunde mögen im Hinterkopf stecken. Der Mann auf dem Gehweg ist nach wenigen Stunden erfroren. Hier handelt es sich um unterlassene Hilfeleistung, weil schon das Herbeirufen eines Krankenwagens den unbekannten Mann hätte retten können.


Strafrahmen: Was ist bei unterlassener Hilfeleistung zu befürchten?

Generell wird unterlassene Hilfeleistung mit Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafen geahndet. Wie hoch die Strafe ausfällt und ob es sich um eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe handelt, hängt von den Umständen ab. Die Strafe für unterlassene Hilfeleistung ist verhältnismäßig niedrig, weil es sich um einen Auffangtatbestand handelt. Allein das pflichtvergessene Verhalten in einer entsprechenden Situation wird unter Strafe gestellt. Die Folgen dieses Verhaltens sind erst einmal nicht einbezogen und werden im Strafprozess gesondert betrachtet. Eventuell kommen sie auch erschwerend hinzu.Kommt es im Verkehrsrecht zu unterlassener Hilfe, wird das zusätzlich mit drei Punkten im Flensburger Fahreignungsregister vermerkt.


Konsequenzen: Was passiert bei unterlassener Hilfeleistung?


Zuerst einmal muss man natürlich selbst mit seinem Gewissen klarkommen. Wird die Tat angezeigt, wird man als Beschuldiger einer Straftat geführt. Wer wegen unterlassener Hilfeleistung angezeigt wurde, erhält eine Vorladung zur Polizei. Dort findet eine Befragung statt. Was Sie aussagen, wird an die Staatsanwaltschaft weitervermittelt. Die Staatsanwaltschaft entscheidet dann, ob ein Verfahren eröffnet wird. Die Tatbestandsmerkmale werden dann vom Gericht dahingehend überprüft, ob eine Hilfeleistung möglich und zumutbar war und ob sie überhaupt erforderlich war. Die genauen Umstände des Unglücks oder der Krankheit werden dabei berücksichtigt.

Meist wird unterlassene Hilfeleistung mit einer Geldstrafe belegt. Es kann aber auch in schweren Fällen zu Freiheitsstrafen kommen, die bis zu einem Jahr betragen dürfen. Anders sieht das aus, wenn es durch die unterlassene Hilfeleistung zu erheblichen Schäden an Gesundheit oder Besitz kam. Dann kann das Opfer nach § 823 BGB einen Anspruch auf Schadenersatz geltend machen. Es kann also in Verbindung mit § 323c StGB zu einer Schadensersatzforderung kommen, die bei Personenschaden sehr hoch ausfallen kann.

Unterlassene Hilfeleistung alleine ist nicht mit hohen Strafen belegt. Da es aber häufig erst zu einer Anzeige kommt, wenn die unterlassen Hilfeleistung schwerwiegende Folgen hatte, ist es mit dem Prozess zur unterlassenen Hilfeleistung im Normalfall nicht getan. Mögliche Verbindungen bestehen zu einer Körperverletzung oder schweren Körperverletzung, zu fahrlässigen Tötungsdelikten, Sachbeschädigungen und mehr.


Urteile zur unterlassenen Hilfeleistung

Ertrinkende Kinder, erfrorene Menschen, Unfallopfer und Vergewaltigungen - unterlassene Hilfeleistung geht nicht immer mit derart spektakulären Ereignissen einher. Schauen wir uns die Urteile der letzten Jahre an, sehen wir: Oft sind es Kleinigkeiten, die einfach schwerwiegende Folgen haben. Wie sehen die konkreten Urteile und die Fälle dazu eigentlich aus?


1. Beispiel: Zusammenbruch im Sportunterricht


Der Bundesgerichtshof hat festgestellt, dass Lehrkräfte die Pflicht zur rechtzeitigen und ordnungsgemäßen Durchführung von erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen der Ersten Hilfe haben. Worum genau ging es?

Ein Schüler hatte im Sportunterricht einen Zusammenbruch erlitten. Der klagende Schüler war seinerzeit 18 Jahre alt und besuchte die Jahrgangsstufe 13. Im Januar 2013 nahm er am Sportunterricht teil. Nach einigen Minuten Aufwärmtraining hörte der Schüler auf zu laufen, stellte sich an eine Seitenwand, rutschte in eine sitzende Position und war anschließend nicht mehr ansprechbar. Die Sportlehrkraft löste einen Notruf ein, der um 15:27 Uhr bei der Rettungsleitstelle einging. Sie wurde gefragt, ob der Schüler noch atme, befragte dazu die Mitschüler. Die Antwort ist streitig. Von der Rettungsleitstelle erfolgte die Anweisung, den Schüler in die stabile Seitenlage zu bringen. Als der Rettungswagen um 15:32 Uhr und der Notarzt um 15:35 Uhr eintrafen, wurden sofort Wiederbelebungsmaßnahmen eingeleitet, die etwa 45 Minuten in Anspruch nahmen, der intubierte und beatmete Kläger wurde in eine Klinik gebracht. Die Klinik vermerkte, dass bei Eintreffen des Notarztes bereits eine 8 minütige Bewusstlosigkeit ohne Laienreanimation bestanden hätte. Die Diagnose lautete auf einen hypoxischen Hirnschaden nach Kammerflimmern, die Genese war unklar. Im Verlauf der stationären Behandlung wurden weitere und teils lebensgefährliche Erkrankungen festgestellt. Der Schüler ist seit Oktober 2013 als Schwerbehinderter anerkannt.

Weil sich der gesundheitliche Zustand des Schülers in unmittelbarer Folge des hypoxischen Hirnschadens ergab, verlangte der Schüler Schadensersatz. Die mangelnde Sauerstoffversorgung des Gehirns nach unterlassenen Reanimationsmaßnahmen durch die Sportlehrkraft seien ursächlich für den Zustand. Die Klage wurde vom Landgericht nach Vernehmung von Zeugen abgewiesen. Der Kläger hatte Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht ließ offen, ob die Sportlehrkräfte ihre Amtspflicht bezüglich zumutbarer Erste-Hilfe-Maßnahmen verletzt hatten. Ein pflichtwidriges Unterlassen, das sich kausal auf den späteren Gesundheitszustand des Klägers ausgewirkt hatte, ließ sich nicht schlüssig nachweisen. Es ließ sich nicht mehr nachvollziehen, wann die Atmung des Schülers ausgesetzt hatte (kurz vor Eintreffen der Rettungskräfte oder schon früher). Diese Einschätzung war letztlich ausschlaggebend für das Urteil. Die Revision des Klägers richtete sich gegen das Berufungsurteil.

Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Begründung war, dass auf der Grundlage des derzeitigen Sach- und Streitstandes nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Kläger einen Schadensersatzanspruch hat. Das Berufungsgericht habe nach erstinstanzlicher Beweisaufnahme nicht geklärt, ob von einer schuldhaften Amtspflichtverletzung auszugehen sei. Es sei zugunsten des Klägers zu unterstellen, dass die Sportlehrkräfte in der Pflicht gewesen wären, notwendige Maßnahmen zur Ersten Hilfe zu leisten. Das Urteil vom 04.04.2019 ist unter dem Aktenzeichen III ZR 35/18 beim Bundesgerichtshof zu finden.


2. Beispiel: Haftung bei unterlassener Hilfeleistung bei absehbarem Schusswaffengebrauch

Dass sich unter Umständen auch strafbar macht, wenn im Unglücksfall keine Hilfe geleistet wird, stellte der Bundesgerichtshof in einem anderen Fall fest. Der Fall: Ein Vater wohnte zusammen mit seinem Sohn in einem Haus. Der Sohn entwickelte eine krankhafte Persönlichkeitsstörung und sammelte Gegenstände. Das ganze Haus war damit zugestellt. Um das Ganze etwas einzudämmen, konnte der Vater schließlich einen Räumungstitel gegen den Sohn erwirken. Als der Gerichtsvollzieher am Tag der Räumung an der Tür klingelte, stieß der Sohn den Vater zur Seite und schoss mit einer Pistole. Der Gerichtsvollzieher wurde getroffen und schwer verletzt. Zuvor war der Vater bereits vom Sohn mit der entsicherten Waffe bedroht worden, der Sohn hatte die Beendigung der Räumung verlangt. Der überlebende Gerichtsvollzieher verklagte Sohn und Vater auf die Zahlung von Schmerzensgeld, denn seiner Meinung nach sei der Vater mitverantwortlich für das, was der Sohn getan hatte.

Das Landgericht Wuppertal hatte die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht Düsseldorf gab ihr im nächsten Schritt statt. Vater und Sohn wurden zur Zahlung von Schmerzensgeld in einer Höhe von 10.000 Euro verurteilt. Die Begründung: Der Vater hatte aufgrund unterlassener Hilfeleistung zu haften. Ausschlaggebend waren § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 323C StGB. Er hätte zur Verhinderung der Schussverletzung einschreiten müssen, das wäre zumutbar gewesen. Der Vater legte gegen dieses Urteil Berufung ein. Der Bundesgerichtshof bestätigte das Urteil des Oberlandesgerichts, die Revision wurde zurückgewiesen. Der Vater hätte nach Auffassung des Bundesgerichtshofs erkennen müssen, dass aufgrund der Gesamtumstände die Gefahr einer unmittelbar bevorstehenden Straftat bestand. Das sei für jeden verständigen Beobachter erkennbar gewesen. Immerhin sei der Vater selbst bereits mit der Waffe bedroht worden und hätte nicht darauf vertrauen dürfen, dass der Sohn seine Waffe nicht auch einsetzen würde. Ein Einschreiten wäre zumutbar gewesen, denn der Vater hätte einfach dem Wunsch des Sohnes folgen und von einer Räumung absehen können. Die ungehinderte Fortführung der Räumung wurde aufgrund der ausgehenden Gefahr für Leib und Leben eines Dritten nachrangig. Die Räumung hätte zu einem späteren Zeitpunkt ausgeführt werden können. Die Entscheidung vom 14.05.2013 wird unter Aktenzeichen VI ZR 255/11 beim Bundesgerichtshof geführt.


3. Beispiel: Körperverletzung mit Todesfolge, weil Notarzt nicht gerufen wurde

Steht eine Flasche mit unverdünntem Gammabutyrolacton (kurz GBL) herum und wird in unbekannter Menge von Gästen konsumiert, muss der Notarzt gerufen werden. Der Fall: Ein Drogenkonsument ließ auf einer Party seine Flasche mit GBL stehen. Ein anderer Partygast konsumierte eine unbekannte Menge der Droge. Der Besitzer der Flasche wäre laut Bundesgerichtshof in der Pflicht gewesen, umgehend ärztliche Hilfe zu organisieren. Passiert das nicht und stirbt der andere Partygast, handelt es sich um eine Straftat, nämlich Körperverletzung durch Unterlassen mit Todesfolge nach § 227 des StGB. Im konkreten Fall hatten sogar zwei Partygäste von der Flasche getrunken. Beide waren davon ausgegangen, dass die Flasche verdünntes und damit konsumierfertiges GBL enthalten würde. Die Gäste wurden müde und legten sich zum Schlafen. Der Besitzer der Flasche schaute gelegentlich nach den beiden, erkannte aber keine Anzeichen von Lebensgefahr. Als ein anderes Mitglied der Wohngemeinschaft, die als Partyort diente, die Party beendete, verließ der Besitzer der Flasche mit GBL die Wohnung. Der Gesundheitszustand der Drogenkonsumenten verschlechterte sich, das zuletzt erschienene Mitglied der Wohngemeinschaft verständigte den Notarzt. Trotzdem verstarb einer der beiden Betroffenen, weshalb gegen den Besitzer der Flasche Anklage erhoben wurde.

Der Angeklagte wurde vom Landgericht Bamberg wegen fahrlässiger Tötung nach § 222 StGB verurteilt. Das Landgericht Bamberg schloss eine Strafbarkeit wegen Körperverletzung (mit Todesfolge) aus, denn es sah kein vorsätzliches Handeln des Angeklagten. Die Revision der Staatsanwaltschaft richtete sich gegen diese Entscheidung. Der Bundesgerichtshof entschied im Sinne der Staatsanwaltschaft und hob so das Urteil des Landgerichts auf. Da der Angeklagte wusste, dass die beiden Partygäste unverdünntes GBL in nicht bekannter Menge konsumiert hatten, hätte er den Notarzt rufen müssen. Er hatte die Flasche selbst frei zugänglich stehen gelassen. Die Wirkweise von GBL (Atemdepression im Lauf der Zeit und daraus resultierend Sauerstoff-Unterversorgung des Gehirns) sei zu beachten gewesen. Nur eine künstliche Beatmung kann diesen Zustand verhindern.

Die Partygäste hätten sich zwar eigenverantwortlich selbst gefährdet, aber das würde nicht von der Pflicht zum Organisieren ärztlicher Hilfe entbinden, stellte der Bundesgerichtshof fest. Das Urteil vom 22.11.2015 wird unter dem Aktenzeichen 1 StR 354/15 beim Bundesgerichtshof geführt. Ein weiterer Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 05.08.2015 bezüglich der Pflicht zum Herbeirufen eines Notarzts trotz bewusster Selbstgefährdung infolge Drogenkonsums ist unter dem Aktenzeichen 1 StR 328/15 zu finden.


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  • Nach einer kostenlosen und unverbindlichen Ersteinschätzung ist es mir möglich, die Kosten für den Rechtsanwalt, für eine evtl. Strafe sowie auch die Gerichts- und Verfahrenskosten in etwa abzuschätzen. Kontaktieren Sie meine Kanzlei unter 06321 – 18 79 412.
  • Als Beschuldigter in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, haben Sie das Recht zu schweigen. Sie müssen sich oder einen nahen Angehörigen nicht belasten. Auch müssen Sie einen Termin zur polizeilichen Vorladung / Vernehmung  nicht wahrnehmen.
    Benken Sie jedoch: Lassen Sie diese Möglichkeit zur Schilderung Ihrer Sicht verstreichen, wird das Verfahren ohne Ihre Sicht der Situation entschieden!
    Hierbei ist es sinnvoll nach Akteneinsicht, gezielte Angaben über einen Rechtsanwalt zu tätigen! Kontaktieren Sie meine Kanzlei für eine kostenlose und unverbindliche Ersteinschätzung Ihres strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens.
  • Nein! Es muss nicht zwingend zu einer Verhandlung im Gerichtssaal kommen. Je nach Tatvorwurf und Vorstrafen, gibt es ggf. die Möglichkeit das Verfahren auch im schriftlichen Wege zu verhandeln und abzuschließen.
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